Aussichten auf den Bürgerkrieg by Hans Enzensberger

By Hans Enzensberger

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Es kommt mir vor, als liege ein Überfall in der Luft. Dann gehen sie weiter, und mein Blick fällt auf die Gesichter der anderen Passagiere. Sie sind verbittert, wuterfüllt, von einer eigentümlich verzerrten Häßlichkeit. Die Sätze, die sie hervorstoßen, kenne ich nur zu gut. Sogar der alte Mann ist aufgewacht und murmelt etwas von 53 Aufhängen und Abknallen. « »Der Schulausflug meiner Tochter«, sagt ein anderer, »scheitert daran, daß es in ihrer Klasse drei Türkinnen gibt; die Eltern verbieten die Teilnahme, weil ihnen das Risiko zu groß ist.

Man könnte das die reductio ad insanitatem nennen. Im kollektiven Amoklauf ist die Kategorie der Zukunft verschwunden. Es gibt nur noch die Gegenwart. Konsequenzen existieren nicht mehr. Das Regulativ der Selbsterhaltung ist außer Kraft gesetzt. Da liegt es nahe, an die Spekulationen Freuds zu denken, der am Ende keinen anderen Ausweg sah, als einen Todestrieb zu statuieren, der es primär auf die Vernichtung des eigenen und sekundär auf die fremden Lebens abgesehen hätte - eine Hypothese, die nie empirisch fundiert 33 werden konnte, und die ziemlich wolkig geblieben ist.

Die vulgäre Version dieser Auffassung gipfelt in der Behauptung, andere Gesellschaften lebten »im finstersten Mittelalter«. Fiktive Traditionsbildungen wie der folkloristische Kostümball der Ethnien werden dabei ohne weiteres für bare Münze genommen. Offensichtlich enthält dieses Entwicklungsdenken einen hoffnungsvollen Kern. Wenn altertümliche Produktionsweisen und Mentalitäten erst einmal überwunden wären, stünde einer glücklicheren Zukunft nichts mehr im Wege. Die rückständigen Gesellschaften brauchten nur 43 den Pfad ihrer fortgeschrittenen Vorgänger zu folgen, um sie einzuholen.

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